TIPPS FÜR UHRENSAMMLER

Heute gibt es mehr Liebhaber von antiken Stücken als je zuvor. Das Sammeln von Uhren erfordert jedoch wissen und Verständnis für die historische und künstlerische Entwicklung der Uhr und nicht zuletzt Kenntnis ihrer Mechanik. Die Freude am Sammeln ist den meisten Menschen angeboren.

Eine Freude liegt oft darin, gleichartige Objekte zusammen zu stellen, in möglichst vollständiger Folge ihre Entwicklung und Anpassung an die jeweiligen Zeitverhältnisse beobachten zu können. Uhren aus vergangenen Tagen haben ihren besonderen Reiz. Heute ist Uhrensammeln sehr verbreitet! Es war ein sehr sympathisch anmutender Zug unserer Vorfahren, dass sie bei allen Geräten und Instrumenten höherer Ordnung - und dazu zählen die Uhren - mit besonderem Eifer dabei waren, neben der zunehmenden technischen Verfeinerung ein reiches Maß an Kunstfertigkeit aufzubieten.

Die SammlungDer Sammler

Man denke an die wissenschaftlichen Instrumente der Renaissance, an Pendulen der Barockzeit und an die Taschenuhren des Empire. Menschlicher Erfindungsgeist und Schönheitssinn haben sich Jahrhunderte lang an den Uhren erproben können. Davon zeugt eine Vielfalt der verschiedensten Zeitmesser. Der Uhrensammler beobachtet bei seinen Uhren nicht nur den Fortschritt menschlicher Erfindungsgabe, das Wachsen technischen Könnens in einem alten Handwerk, sondern auch die künstlerische Betätigung durch Jahrhunderte hindurch. Uhrensammeln ist keineswegs erst eine Mode unserer Zeit.

Von Heinrich VIII. von England und seiner Tochter Elisabeth 1. bis zur heutigen Königin Elisabeth, wissen wir schon, dass sie begeisterte Sammler waren. Die mittelalterlichen Kunstkammern der Höfe sammelten ebenso Uhren wie heute Museen. Es gibt unter den Uhrensammlern zahlreiche private Liebhaber, die aus Freude an schönen alten Uhren sammeln, aber auch viele, die sich aus Gründen der Spekulation, der Kapitalanlage mit antiken Uhren umgeben. Uhrensammeln erfordert Wissen und Verständnis für die historische und künstlerische Entwicklung der Uhr und nicht zuletzt Kenntnis ihrer Mechanik.

Für Sammler und Liebhaber

Immer wieder kommt man als Sammler und Liebhaber mechanischer Zeitmesser in die Situation, dass einem auf dem Flohmarkt oder beim Trödler eine Armbanduhr begegnet, deren Erwerb reizvoll wäre. Den beschwörenden Worten des Verkäufers, die Uhr sei einwandfrei in Ordnung, sollte man nur begrenzt Glauben schenken, Kontrolle ist in jedem Fall besser. Diese ist dann leicht vorzunehmen, wenn man mit entsprechendem Arbeitsmaterial (Lupe, Schalenmesser, Universal-Gehäuseöffner) ausgestattet ist. Sofern der hintere Deckel seiner Entfernung keine unüberwindbaren Hindernisse entgegensetzt, kann man sich durch Augenschein vom Zustand des Werkes, von seiner Funktionstüchtigkeit überzeugen.

J. Wilders (Englans) ca. 1790

Einige Drehungen an der Aufzugskrone zeigen, ob das Aufzugssystem in Ordnung ist. Durch Betätigung der gezogenen Krone weist sich, ob das Zeigerstellsystem funktioniert. Bei Armbanduhren mit Komplikationen, wie z. B. Chronograph, sollte man dessen Funktionen anhand der Drücker überprüfen.

Sofern alles in Ordnung ist und auch der Preis stimmt, steht dem Kauf nichts im Wege. Wenn sich jedoch Mängel irgendwelchen Art zeigen, wenn sich z. B. die Unruh auch nach vorsichtigem Aufziehen nicht in anhaltende Schwingung versetzen lässt, ist guter Rat teuer. Es stellt sich die Frage, ob man trotzdem - selbstverständlich bei reduziertem Preis - zuschlagen soll und nach fachgerechter Reparatur vielleicht einen besonders guten Kauf gemacht hat.

Bleiben wir beim Beispiel, dass die Unruh spätestens nach einigen kurzen Schwingungen wieder stillsteht oder sich überhaupt nicht rührt. Dies muss kein Indiz für einen Defekt sein, sondern kann schlicht und einfach auch bedeuten, dass das Werk stark verschmutzt oder das Öl nach längerem Liegen verharzt ist. Lässt sich hingegen die Aufzugskrone bei einem Handaufzugswerk unendlich durchdrehen, kann es, muss es aber nicht, an einer abgerissenen Zugfeder liegen. Spätestens dann, wenn man das Risiko des Kaufs eingegangen ist, besser jedoch schon vorher, muss man sich auf die Suche nach einem inzwischen raren, an mechanischen Zeitmessern interessierten Uhrmacher begeben.

Leider wird auf die Frage nach der Reparierbarkeit des feinmechanischen Kleinods immer häufiger die Antwort zu hören sein, man solle die Uhr besser zurückgeben (wenn noch möglich), denn zu viele "Fachleute" hatten schon probiert das Uhrwerk "gangbar" zu halten. Grundsätzlich jedoch gilt, vor dem Kauf einen Fachman zu befragen, den nur ein Uhrmacher (meister) kann richtig beurteilen, ob sich eine Reparatur noch lohnt, und möglich ist.

Fälschungen und Nachahmungen

Alles was gut, teuer und begehrt ist, hat von jeher die Produktpiraten auf den Plan gerufen, die vom langjährig aufgebauten und gepflegten Image großer Marken in unzulässiger Weise profitieren wollen. In der weiter zurückliegenden Uhrengeschichte betraf dies z. B. schon die begehrten Zeitmesser eines Abraham Louis Breguet. Die Fälscher fanden und finden immer noch dankbare Kundschaft und Anhängerschaft in solchen Kreisen, die ihr Outfit mit Objekten schmücken möchten, welche sie sich eigentlich nicht leisten können. Die Luxus-Armbanduhr ist in unserer heutigen Statusgesellschaft ein für Produktpiraterie geradezu prädestiniertes Objekt, verkörpert sie doch Wohlstand und Schmuckstück in beinahe idealer Weise.

Doch sind es, wie bei anderen Luxusgütern auch, nur bestimmte Marken und Produkte, die sich mehr oder minder gelungene Plagiate gefallen lassen müssen.

Anfänglich waren es z. B. schwere, mit übergroßen Punzen versehene Omega "Gold" Banduhren, die in Neapel, Genua oder an verschiedenen italienischen Alpenpässen als Schmuggelware zu günstigen Preisen in betrügerischer Absicht angepriesen wurden. Außer schlechtem Design, dünner Goldauflage und billigen Werken war nichts an diesen Armbanduhren. Als Fälschungen konnten sie leicht identifiziert werden.

Es folgte die Zeit der Anlehnung an gute und imageträchtige Design Armbanduhren, wie z. B. die "Royal Oak" von Audemars Piguet oder die verschiedenen "Porsche-Design" - Modelle. Auch hier war die Kopie leicht zu erkennen, weil irgendwelche Phantasienamen die Zifferblätter schmückten. Dieses Bild hat sich in den vergangenen Jahren entscheidend gewandelt. Moderne Plagiate kommen meist aus Hongkong, Singapur oder anderen fernöstlichen Gegenden.

Sie werden auch nicht primär in der Absicht produziert Arbeitsplätze zu schaffen, sondern einfach um den eigentlichen Inhaber "übers Ohr zu hauen".
 
Als erste und beste Hilfe für Armbanduhrensammler hat sich bei Problemfällen immer noch der Erfahrungsaustausch mit einer Fachwerkstatt erwiesen. Einschlägige Erfahrungen und Kenntnisse der Fachleute können dazu beitragen, dass man sich viel Kummer und Lehrgeld erspart.

Reparaturen

Die Lager, in denen die z. T. sehr dünnen Zapfen des Räderwerks laufen, sind zur Verminderung der Reibung mit Öl versehen. Durch Staub und Alterung verliert das Öl seine ursprünglichen Eigenschaften. Die Schwingungsweite der Unruh nimmt mehr und mehr ab, und irgendwann bleibt die Uhr stehen. Soweit sollte man es jedoch nicht kommen lassen. Spätestens dann, wenn die gewohnte Ganggenauigkeit bei einer mechanischen Armbanduhr in erheblichem Umfang nachlässt, ist eine gründliche Reinigung erforderlich, die in aller Regel problemlos vorgenommen werden kann. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die mechanische Räderuhr kaum vom Motor eines Autos, der ebenfalls regelmäßig einen Ölwechsel benötigt. Vor allem wenn man, wie oben geschildert, eine Armbanduhr mit unklarer Vergangenheit erworben hat und diese regelmäßig tragen möchte, sei der vorherige Besuch beim Uhrmacher dringend anempfohlen. Mitunter kann man sogar noch das große Glück haben, eine alte Armbanduhr in ungetragenem Zustand erwerben zu können. Sofern diese nicht gerade aus den Händen eines Uhrmachers kommt, ist es eher unwahrscheinlich, dass sie geht, weil das Öl verharzt ist. Sie zum Leben zu erwecken dürfte ebenfalls nicht schwierig sein.

Weitaus schwieriger kann es werden, wenn an einem mechanischen Uhrwerk, insbesondere einem aus der Frühzeit der Armbanduhr, irgend etwas definitiv kaputt ist. Wenig Probleme dürfte der Austausch einer gerissenen Zugfeder bereiten. Solche werden als Verschleißteile in standardisierten Normmaßen bei den Fournituren (Uhrenersatzteil-) Händlern vorrätig gehalten.

Anders verhält es sich bei Teilen, die von Kaliber zu Kaliber unterschiedlich sind. Hier gilt es zunächst, das Kaliber anhand von Punzen (häufig durch den Unruhreif hindurch auf der Platine zu sehen) oder Werksuchern zu identifizieren, um die erforderlichen Teile gezielt beschaffen zu können.

Für die gängigen Kaliber der großen Rohwerke-Fabrikanten lassen sich die wichtigsten Teile (z. B. Unruh- und Aufzugswellen, Winkelhebel- und Sperrkegelfedern, Zugfedern ) im allgemeinen noch beschaffen. ähnliches gilt für die Werke der namhaften Uhrenmanufakturen. Sie garantieren zum Teil eine langfristige Versorgung mit Fournituren.

Eine gute Uhrmacherwerkstatt ist in der Regel mit solchen Fournituren reichlich versorgt, im Ausnahmefall ist ein Uhrmacher aber auch imstande fehlende Teile selbst anzufertigen. Doch diese Handarbeit hat ihren Preis.

Auf den Bescheid eines Uhrmachers hin, dass ein Werk irreparabel sei, sollte jedoch nicht gleich Resignation, sondern eher der Gang zu einem anderen Uhrmacher folgen. Hier wird insbesondere auf die Fachwerkstätten hingewiesen, und nicht auf "Uhren - Abteilungen" bei verschiedenen Kaufhäusern.

Zum totalen "Aus" für ein Uhrwerk kann indes ins Gehäuse eingedrungenes Wasser führen, wenn die Uhr nicht baldmöglichst in fachkundige Hände gelangt. Eindringlich sei an dieser Stelle vor dem Versuch gewarnt, das Uhrwerk durch den kräftigen Warmluftstrom eines Föns zu trocknen. Er kann verhängnisvolle Folgen z. B. in Form einer zerstörten Unruhspirale haben.

Häufig begegnen dem Sammler Armbanduhren, deren Zifferblätter im Laufe der Jahre ihren ursprünglichen Glanz eingebüßt haben, die verblichen oder verkratzt sind. Hier steht man vor der schwierigen Entscheidung, ob ein zwar originales, aber nicht mehr so ansehnliches Zifferblatt zum "Auffrischen" gegeben oder der ursprüngliche Zustand erhalten werden soll, denn nicht in jedem Fall wirkt eine Aufarbeitung des Zifferblatts wertsteigernd. Es gibt jedenfalls eine Reihe von Firmen, die sich auf die Restaurierung von Zifferblättern spezialisiert hat.

Neben dem Zifferblatt prägen speziell die Zeiger das Gesicht einer Armbanduhr. Zeiger sind im Fourniturenhandel ebenfalls in großer Auswahl erhältlich. Sie lassen sich dann leicht ersetzen. Leuchtzeiger können durch Auffüllen mit neuer Leuchtmasse restauriert werden.
 
Die größten "Schwachstellen des Armbanduhrengehäuses sind die Gläser und die Aufzugskronen. Die Kristallgläser älterer Armbanduhren brechen bei harten Stößen, Plexigläser verkratzen, wenn sie mit scharfen Gegenständen in Berührung kommen. Sowohl Kristall- als auch Plexigläser lassen sich zumeist adäquat ersetzen. Allerdings ist das Einschleifen passender Kristallgläser, vor allem dann, wenn es sich um Formgläser handelt, mit erheblichen Kosten verbunden. Plexigläser kann hingegen jeder bessere Uhrmacher für relativ wenig Geld einpassen.

Die Aufzugs- und Zeigerstellkrone gehört zu den besonders gefährdeten Teilen einer Armbanduhr. Bei schweren seitlichen Stößen geht jedoch nicht sie selbst, sondern zumeist die zugehörige Aufzugswelle zu Bruch. Nachdem es sich bei Aufzugskrone- und -Welle um Verschleißteile handelt, ist eine Reparatur vielfach unter Verwendung konfektionierter Ersatzteile, sonst aber durch Anpassung eines maßähnlichen Rohteils möglich.

Schließlich ist das Gehäuse als Schutzhülle des Werkes der permanenten Gefahr ausgesetzt, Kratzer zu bekommen. Massive Metallgehäuse können von kundiger Hand aufpoliert werden. Bei vergoldeten, verchromten oder vernickelten Gehäusen bleibt nur der Gang zum Uhrmacher, wenn die veredelte Oberfläche über die Jahre wegen tiefer Kratzer oder abgeblätterter Stellen unattraktiv geworden ist. Auch abgebrochene Bandanstöße bei Gold- oder Silbergehäusen können Uhrmacher wieder anlöten.

Wie sammelt man Uhren?

Das Sammeln antiker Uhren sollte nach historischen und/oder technischen Gesichtspunkten erfolgen. Eine solche Sammlung muss Antwort geben sowohl auf kunsthistorische wie auf technische Fragen. Hierzu einige Hinweise, die ein angehender Sammler nicht außer acht lassen sollte. Es sind sechs Punkte, die der New Yorker Uhrensammler Cecinsky als wertvoll für die Auswahl der antiken Großuhren aufgestellt hat.J. F. Gutkaes ca.1835

Ist die Uhr nicht zu groß? Man muss bedenken, dass die antiken Uhren in mittleren und kleinen Räumen von Privatwohnungen unterzubringen sind. Alte Standuhren z. B. aus den Niederlanden und England sind von beträchtlicher Höhe und stehen in keinem Verhältnis zum normalen Wohnraum. Solche monumentale Uhren können zweifellos großen Wert besitzen, aber man muss eine Unterbringungsmöglichkeit für sie haben, ehe man sie kauft.

Der Sammler wird im einzelnen sein Augenmerk auf folgende Prüfmerkmale richten: Ist das Zifferblatt gut gestaltet und erhalten? Ist der Uhrkreis (Zifferblattkreis) eng gehalten? Sind die Zeiger fein gezeichnet und ausgearbeitet? Ist der Grund des Zifferblatts versilbert und gut mattiert? Sind die Gehäuse künstlerisch wertvoll? Sind Uhrgehäuse, Zifferblatt und Zeiger im Original noch vorhanden?

Wie lang ist die Gehzeit der aufgezogenen Uhr? Läuft sie länger als die übliche 8-Tage-Uhren?

Besitzt die Uhr ein Glockenspiel? Auch das lässt sich an bestimmten technischen Einzelheiten erkennen. Musikuhren stammen in der Regel aus späteren Zeiten, sie sind außerordentlich selten. Es gibt Spezialsammler, die z.B. nur die Flötenuhren sammeln.

Wie weit ist das Uhrgehäuse und das Werk restauriert worden? Bei Restaurierungsarbeiten richten Nicht-Fachleute viel Unheil an. Es ist durchaus möglich, einem ramponierten, verwitterten Gehäuse zu seiner früheren Ansehnlichkeit und Schönheit zu verhelfen. Das erfordert freilich einen sehr geschickten Handwerker, einen Könner auf seinem Gebiet - und dieser ist heute meist schwerer zu finden als solch eine wertvolle antike Uhr! Für manchen Sammler sind geeignete Fachleute unersetzbar, und sie gelten in Sammlerkreisen oft als "Geheimtip"!

Wie sind bei antiken Großuhren die Uhrgewichte und das Pendel? Sind es noch die ursprünglichen alten (oft handgeschmiedeten) Gewichte, oder wurden sie durch neuere ersetzt? Eine weitere Frage ist beispielsweise die nach dem Uhrschlüssel zum Aufziehen der Pendule. Selten ist der Originalschlüssel vorhanden; meist ging er im Lauf der Zeiten verloren.         

Was das eigentliche Uhrwerk - das Gehwerk und das Schlagwerk - selbst betrifft, so werden zahlreiche Amateursammler besonders am Anfang gut daran tun, einen Uhrmacher der alten Schule um einen sachverständigen Rat zu bitten. Ein zutreffendes Urteil über Wert und Beschaffenheit einer antiken Uhr muss so viele Einzelheiten mit berücksichtigen, dass hervorragende technische und auch kunsthistorische Kenntnisse unerlässlich sind.

Für antike Taschenuhren (Spindeluhren, Reiseuhren) und Kutschenuhren sowie Offiziersuhren, Reiseuhren mit und ohne Weckeinrichtung seien dazu noch weitere Hinweise gegeben, die ein Uhrensammler beachten sollte: Ist die Uhr künstlerisch wertvoll? Sind Uhrgehäuse, Zifferblatt und Zeiger im Original noch erhalten? Hier gibt es Fälschungen und Veränderungen, die Wert des Sammelstückes sehr herabsetzen können.

Wie ist der Erhaltungszustand des Uhrwerks? Ist die Uhr noch in Gang zu setzen? Die Reparaturmöglichkeit sind begrenzt; nur wenige Spezialisten können echte Restaurierungen vornehmem Es gibt getriebene Uhrgehäuse aus G oder Silber, deren Figuren abgenutzt sind - trotzdem sind es schöne Sammelstücke. Übrigens: Nicht jede gesammelte Taschenuhr aus früherer Zeit ist noch zum Gehen zu bringen, sie sollte ihre Ruhe haben. Die Unruh schwingt nicht mehr, vielleicht weil die Spindelhemmung so abgenutzt ist, dass die Uhr nicht gehen kann. Eine Reparatur der Spindelhemmung ist dann nicht mehr möglich, oder sie erfordert sehr hohe Kosten.

Man lasse die Finger davon, die Uhr selbst reparieren zu wollen! Ist die Uhr signiert? Welche Signatur ist auf dem Uhrwerk vorhanden? Viele Fälschungen wurden in früherer Zeit mit der Signatur berühmter Uhrmacher versehen. Eine Taschenuhr mit dem Namen des berühmten Uhrmachers Breguet versehen, braucht noch nicht von diesem zu stammen. Mit den Namen Berthoud, Pierre le Roy im 18. Jahrhundert und in neuerer Zeit mit dem Begriff Glashütte sind viele Fälschungen legitimiert worden.

Wie ist der Zustand des Uhrgehäuses? Getriebene Taschenuhrgehäuse sind oft abgegriffen, die Figurenszenen, oft mythologischer Art, sind nicht mehr zu erkennen, Emailoberflächen sind vielfach zerkratzt. Sind die schönen Uhrwerke noch zu bewundern, tragen sie noch die alte Feuervergoldung, die durch das Verdampfen von Gold-Amalgam hergestellt wurde?

Den technischen Merkmalen der antiken Taschenuhr kann der Liebhaber alter Uhren gar nicht genug Sorgfalt widmen. Der dünnwandige Körper des Uhrgehäuses ist manchmal gegossen aus Bronze (Kupfer, Zinn mit Silberzusatz), manchmal getrieben aus Silberblech, auf kaltem Wege also durch Hämmern von beiden Seiten ausgeschlagen.

Viele Gehäuse sind graviert und mit einer Guilloche versehen. Man sieht, wie der Grabstichel die Uhrgehäuse mehr oder weniger tief ausgehöhlt hat. Der Schmuckstreifen, das ringförmige Gehäuseband, die Bordüre, zeigt bei manchen Reiseuhren und Satteluhren gekreuzte Bänder mit eingerollten Enden, von Gittern unterbrochen, damit man das Schlagen der Uhr hören kann, sie bezeichnete man als Bandelwerk.

Ein Uhrensammler sollte sich die Kennzeichen der Ornamentstile zwischen 1550 und 1850 einprägen, um die Gehäuse der alten Taschenuhren ungefähr datieren zu können, denn nicht alle Uhren sind signiert. Die kleinen eingeprägten Stempel auf der Unterseite oder an anderen unbeachteten Stellen sind die Garantie- und Kontrollzeichen für den nach den Zunftgesetzen vorgeschriebenen Feingehalt der Edelmetalle. Mindestens sind es zwei: die Signatur und das Stadtzeichen - z. B. auf den Gehäusen antiker Augsburger Uhren der Augsburger Pinienzapfen, mit dem der Zunftmeister die vorgenommene Prüfung bescheinigt hat.

Der Sammler muss sich im Lauf der Zeit viele Kenntnisse aneignen, damit er die Marken in den Gehäusen, technische Kennzeichen der Uhrwerke und stilistische Eigenheiten der Gehäuse zu deuten weiß und alle drei Gesichtspunkte sinnvoll miteinander verbinden kann. Damit wird er erst zum Uhrensammler, der sich mit weiteren Fragen der Kulturgeschichte der Uhr beschäftigen kann und so zu sehr interessanten Fragen kommt - Fragen, die oft amüsant sind und denen er nachgehen sollte.

Englische Taschenuhren tragen noch manchmal im Gehäuseinnern die sog. "Watchpapers", das sind kleine runde gedruckte oder handgeschriebene Einlegeblätter mit den Namen der Uhrmacher, die die Uhr verkauft haben, sie reparierten, restaurierten. Vielfach tragen sie den Namen der jeweiligen Besitzer über Jahrhunderte hinweg.

Zur Kennzeichnung der Signaturen, der Meisternamen sei hier besonders auf das englische Werk von Baillie verwiesen: "Watchmakers and Clockmakers of the World". Das Buch ist eine Fundgrube, denn es enthält sehr viele Namen berühmter Uhrmacher in der alten Welt. Mit ihnen lässt sich in vielen Fällen, wenn die Signatur stimmt, das Alter der Uhr mit großer Wahrscheinlichkeit feststellen!

Kleine Übersicht für die Altersbestimmung von Uhren


Tragbare Uhren werden etwa um das Jahr 1500 erfunden. Die ältesten sind von zylindrischer Form und gänzlich aus Eisen hergestellt.
Die ersten Großuhren um 1500 sind die sog. Türmeruhren, die dem Türmer durch Glockenzeichen die Stunden angeben. Als Hemmung findet die Spindelhemmung (Waag, Foliot) Anwendung.
Ovale tragbare Uhren sind nicht vor der Mitte des 16. Jahrhunderts anzutreffen. Die meisten "Eyerlein" stammen aus der Zeit um 1600.
Großuhren mit Pendel sind nicht vor dem Jahre 1660 gebaut worden. (Huygens beschrieb 1657 die erste Pendeluhr, gebaut von Salomon Costers.)
Zwischen 1550 und 1650 sind die tragbaren Uhren Halsuhren und zuerst zylindrisch, dann achteckig mit Bergkristall - Uhrgläsern und zuletzt oval.
1632 wird zuerst das Email in tragbaren Uhren (Taschenuhren) verwendet.
1664 wird von dem Genfer Uhrmacher Gruet statt der Darmsaite die Kette für den Schneckenaufzug eingeführt.
1665 erfindet Christian Huygens die Spiralfeder, welche ab 1690 fast allgemein angewendet wird.
1695 erfindet Thomas Tompion in London den Zylindergang, den Graham 1720 Verbessert. Allgemein eingeführt in Taschenuhren finden wir ihn nicht vor 1820.
Der englische Uhrmacher Eduard Barlow wendet die Repetition zuerst in Großuhren und später in tragbaren Uhren an. Ab 1720 wird sie in Taschenuhren häufiger.
Der Minutenzeiger kommt ab 1680 in Uhren zur Anwendung.
Ab 1700 sind Uhrgläser in Taschenuhren üblich, früher hatten sie keine Schutzgläser, vereinzelt Gläser aus Bergkristall.
Nicht vor Anfang des 18. Jahrhunderts kommen Uhren mit getriebenen Gehäusen vor, jedoch ab 1710 bis 1770 in steigender Zahl.
1748 verbessert Pierre le Roy den Duplexgang, der aber erst 1840 in englischen Taschenuhren weite Verbreitung findet.
Um 1750 erfindet der englische Uhrmacher George Graham den ruhenden Ankergang, der bald den Spindelgang in Großuhren ersetzt hat. Graham wendet als erster Pendel mit Holzstangen an.
1750 konstruierte Thomas Mudge, ein Schüler Grahams, den freien Ankergang für Taschenuhren.
1760 oder 1770 kommen die Gehäuse mit vierfarbiger Goldauflage (a quatre couleurs) auf.
1764 erfindet der Uhrmacher Nikolaus Fatio die Lochsteine.
Um 1770 werden die ersten Taschenuhren in Pforzheim (Baden) gebaut.
1780 kommen die ersten Taschenuhren (Spieluhren) mit Tonfedern auf.
Um 1800 wendet der Uhrmacher Abraham Louis Breguet in Paris an der flachen Spirale das aufgebogene Ende an (sog. Breguetspiralfeder), damit das Schwingsystem Unruh/Spiralfeder frei schwingen kann und die einseitige Ausbiegung der Spiralfeder entfällt.
Ab 1800 erhalten die Taschenuhren Sekundenzeiger, und sie werden flach gebaut. Perlenbesetzte Uhrgehäuse für Taschenuhren, Uhren mit Musikwerken, mit Tonfedern werden als Groß und Kleinuhren gefertigt. Neben die handwerkliche Erzeugung von Uhren tritt die Manufaktur, aus der sich später die Uhrenfabriken entwickeln.
1807 baut der dänische Uhrmacher Urban Jürgensen in Kopenhagen die ersten Taschenuhren mit Chronometer - Hemmung (Taschenchronometer).
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts treten mehr und mehr die Schwarzwälder Hängeuhren, einfache Holzuhren mit Geh- und Schlagwerk, im Handel auf. Sie besitzen anfangs noch die Spindelhemmung (Waag), die etwa ab 1850 durch den Hakengang ersetzt wird.
Um 1850 kommen in den USA die ersten maschinellen Herstellungsverfahren auf. Die Taschenuhr wird dort zum Massenerzeugnis.
1850 werden die ersten Glashütter Taschenuhren von Ferdinand Adolf Lange gebaut, 1878 erfolgt die Gründung der Deutschen Uhrmacherschule in Glashütte.
Ab 1860 werden keine Spindeluhren mehr hergestellt.
Ab 1880 werden Selbstaufzugs - Taschenuhren nach dem Patent des Wieners von Loehr in der Schweizer Uhrenfabrik Ch. Hahn & Cie. (Landeron) in großer Zahl gebaut.
Die Fabrikation von Armbanduhren beginnt in der Schweiz um 1905, in Pforzheim fertigt man Armbanduhrengehäuse ab 1909.
Die Verwendung des automatischen Aufzugssystems in Armbanduhren ist dem Engländer John Harwood zu verdanken, der 1924 die ersten "Armband-Automatics" baut.